Elastokalorik: Revolutionäres Kühlen und Heizen mit Formgedächtnismaterialien

July 24, 2024
Benjamin Klein

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Forscher wollen Elastokalorik als Alternative zu Wärmepumpen und Klimaanlagen entwickeln

Die Technologie habe das Potenzial, heutige Klima- und Heizungsanlagen zu ersetzen. In der Kombination beispielsweise mit Photovoltaik bestünde ein großer Vorteil darin, dass sie sehr viel weniger Strom benötigt. Ein Team der Universität des Saarlandes hat gemeinsam mit einem internationalen Konsortium eine Förderung aus dem Pfadfinder-Programm des Europäischen Innovationsrates (European Innovation Council, EIC) erhalten. Die "EIC Pathfinder Challenge" über vier Millionen Euro gilt einem Projekt zur weiteren Erforschung der Elastokalorik; Ziel ist die Entwicklung eines Prototypen für dezentrale Klimaanlagen.

Innovative Technologie: Elastokalorik

Elastokalorik ist eine vielversprechende Technologie, die auf der Nutzung von Formgedächtnismaterialien basiert. Diese Materialien, wie Nickel-Titan-Legierungen, können Wärme effizient transportieren. Wenn diese Materialien mechanisch belastet werden, nehmen sie Wärme aus ihrer Umgebung auf. Bei Entlastung geben sie die gespeicherte Wärme wieder ab. Durch gezieltes Be- und Entlasten der Formgedächtnismaterialien lässt sich somit Wärme aus einem Raum abführen oder in ihn hineinbringen.

Funktionsweise der Elastokalorik

Das elastokalorische Verfahren nutzt spezielle Formgedächtnismaterialien, wie Nickel-Titan-Legierungen, um Wärme effizient zu transportieren. Wenn diese Materialien, die oft in Form von dünnen Drähten oder Blechen vorliegen, mechanisch belastet werden, nehmen sie Wärme aus der Umgebung auf. Bei Entlastung geben sie die gespeicherte Wärme wieder ab. Durch gezieltes Be- und Entlasten der Formgedächtnismaterialien lässt sich somit Wärme aus einem Raum abführen oder in ihn hineinbringen.

Vorteile gegenüber herkömmlichen Systemen

Im Vergleich zu konventionellen Heiz- und Kühlmethoden bietet die Elastokalorik einige entscheidende Vorteile:

- Sie kommt ohne umweltschädliche Kältemittel aus, was sie zu einer nachhaltigen Lösung macht. - Sie zeichnet sich durch einen deutlich höheren Wirkungsgrad aus. Elastokalorische Materialien benötigen nur etwa ein Zehntel der Energie im Vergleich zu heutigen Klima- oder Heizungssystemen. - Die Möglichkeit einer dezentralen Raumklimatisierung. Anstatt ein Gebäude mit einer zentralen Anlage zu beheizen oder zu kühlen, könnte jeder Raum individuell und bedarfsgerecht temperiert werden.

Prototypentwicklung und internationale Zusammenarbeit

Um die Elastokalorik zur Marktreife zu bringen, sind jedoch noch einige Herausforderungen zu meistern. Im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Projekts "SMACool" arbeitet ein internationales Konsortium unter Leitung von Professor Paul Motzki daran, einen Prototypen für eine elastokalorische Klimaanlagen-Einheit zu entwickeln. Ziel ist es, innerhalb von drei Jahren eine funktionierende Lösung für Wohnhäuser zu präsentieren.

Das Konsortium umfasst neben den Saarbrücker Forschern auch die Universitäten in Ljubljana und Neapel (Federico II) sowie das Unternehmen exergyn aus Irland. Die Technologie könnte mit Blick auf den Klimawandel eine Alternative zu den herkömmlichen Kühl- und Heizmethoden werden, die viel Energie verbrauchen und Klima und Umwelt belasten.

Herausforderungen und Forschungsansätze

Die Herausforderung liegt darin, eine Apparatur zu konstruieren, die in einem Kreislaufsystem so funktioniert, dass der beste Kühl- oder Heizeffekt erzielt wird, wenn Luft daran vorbeigeleitet wird. "Wir werden hier anstelle der Drähte, mit denen wir bislang vor allem gearbeitet haben, um das Verfahren zu entwickeln, dünne Bleche aus Nickel-Titan verwenden, weil diese durch die größere Oberfläche mehr Wärme aufnehmen und abgeben", erläutert Paul Motzki.

Die Saarbrücker Forscherinnen und Forscher können hier auf zahlreiche Forschungsarbeiten aufbauen: Ihre neue Technologie ist das Ergebnis aus rund 15 Jahren Forschung in mehreren in Millionenhöhe geförderten Projekten und in mehrfach ausgezeichneten Doktorarbeiten.

Zusammenarbeit mit Industrie und Universitäten

Professor Stefan Seelecke, Doktorvater von Paul Motzki, ist der Begründer des Themas "Smarte Materialien" im Saarland. Beide arbeiten eng an der Universität des Saarlandes und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik, Zema, zusammen. Die Saarbrücker Forschungsteams haben bereits unter anderem einen Kühl- und Heizdemonstrator und einen Kühlschrank entwickelt, der kontinuierlich laufen kann und zeigt, wie Elastokalorik Luft kühlt beziehungsweise erwärmt.

Am SMACool-Projekt ist auch Triathlon, das integrierte Ökosystem für Entrepreneurship, Innovation und Transfer an der Universität des Saarlandes beteiligt, das bei Kommunikation, Technologiemanagement und Verwertungsstrategie unterstützt.

Softwareentwicklung und Materialforschung

Die Saarbrücker Ingenieurinnen und Ingenieure forschen daran, wie ein Antrieb die Bleche permanent in Gang hält – hier arbeiten sie mit dem Antriebstechniker Matthias Nienhaus und seinem Team an der Universität des Saarlandes zusammen –, wie die Luftströme idealerweise aussehen, welche Form der Nickel-Titan-Bleche am besten geeignet ist, wie stark diese idealerweise für eine bestimmte Kühl- oder Heizleistung belastet und entlastet werden und vieles mehr.

Sie haben auch eine Software entwickelt, mit der sie die Heiz- und Kühltechnik für verschiedene Anwendungen anpassen und Kühlsysteme simulieren und planen können. Und sie erforschen den kompletten Kreislauf von Materialherstellung und Recycling bis zur Produktion.

Zukunftsaussichten und gesellschaftliche Relevanz

Sowohl das Energieministerium der USA als auch die Kommission der Europäischen Union deklarierten diese Klimatechnologie bereits als zukunftsträchtigste Alternative zu den bisherigen Verfahren. Soeben hat auch das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) WEF die Elastokalorik in seine TOP Ten Technologies 2024 aufgenommen.

Die Technologie könnte mit Blick auf den Klimawandel eine Alternative zu den herkömmlichen Kühl- und Heizmethoden werden, die viel Energie verbrauchen und Klima und Umwelt belasten. „Die Elastokalorik funktioniert als Wärmepumpe und Kühlanlage zugleich. Sie ist energieeffizienter und nachhaltiger als heutige Klimatechnik und kommt gänzlich ohne klimaschädliche Kältemittel aus. Der Wirkungsgrad elastokalorischer Materialien beläuft sich auf mehr als das Zehnfache im Vergleich zu heutigen Klima- oder Heizanlagen – sie werden deutlich weniger Strom benötigen“, erklärt Paul Motzki.

Schlussfolgerung

Die Entwicklung der Elastokalorik-Technologie könnte ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltiger und energieeffizienter Raumklimatisierung sein. Die Arbeiten der Saarbrücker Forscher und ihrer internationalen Partner sind vielversprechend und könnten in naher Zukunft eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Heiz- und Kühlmethoden bieten.