Die Debatte um ein Wiederbeleben der Solarindustrie und den Aufbau einer heimischen Speicherindustrie ist in vollem Gange. Heute liefert China über 90 Prozent aller Solarmodule in die Welt und auch nach Europa. Der Grund für diese Dominanz ist vielschichtig und hat historische Wurzeln.
Ab 2012 haben die Regierungen unter Bundeskanzlerin Angela Merkel in Deutschland durch verschiedene Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) der einst starken Solarindustrie den Heimatmarkt und damit die Grundlage entzogen. Die damaligen EU-Zölle auf Solarmodule aus China wirkten nicht zum Schutz der deutschen Produktion, sondern gaben der deutschen Solarindustrie den Rest.
China hingegen setzte auf ein funktionierendes EEG für den Binnenmarkt und eroberte so die globale Technologieführerschaft in der Photovoltaik sowie bei Batterien und Elektromobilität.
Die gerade von der EU-Kommission festgelegten vorläufigen Zölle auf chinesische Elektroautos werden ähnlich wie die Solarzölle im letzten Jahrzehnt nur die deutsche Automobilindustrie am Ende als Verlierer dastehen lassen. Daher lehnen sowohl die Automobilindustrie selbst als auch die Bundesregierung, vertreten durch Wirtschaftsminister Robert Habeck, diese Zölle auf chinesische E-Autos ab.
Eine Wiederbelebung der Solarindustrie und der Aufbau anderer Cleantech-Industrien in Deutschland und der EU erfordern Innovationsförderung mit starker Unterstützung von Forschung & Entwicklung sowie gezielter Start-up-Unterstützung solcher Innovationen. Die Wiederbelebung der deutschen und europäischen Solarindustrie und anderer Cleantech-Industrien erfordert einerseits Sicherheit beim Absatz heimischer Produkte und andererseits eine wettbewerbsfähige heimische Wertschöpfungskette.
Auf der Intersolar in München wurden zahlreiche neue Ideen und Konzepte vorgestellt, die die Solarindustrie revolutionieren könnten. Eine davon ist die Verbindung von Photovoltaik und Solarthermie in einem Modul.
PVT-Hybridmodule erzeugen Strom und Wärme gleichzeitig, kombiniert in einem Modul. Diese Module bieten eine Möglichkeit, die fossil-freie Strom- und Wärmeerzeugung gleichzeitig voranzutreiben und eröffnen zudem eine Chance für Europa, sich in der Solarbranche wieder zu behaupten. Anders als bei herkömmlichen PV-Modulen kombinieren die PVT-Module Solarzellen, die Licht in Elektrizität umwandeln, mit thermischen Kollektoren, die Wärme aus der eingestrahlten Sonnenenergie und zusätzlich sogar aus der Umgebungstemperatur gewinnen.
Durch diese Verbindung wird die Gesamteffizienz des Solarmoduls deutlich gesteigert – teilweise um den vierfachen Wert gegenüber einem einfachen Photovoltaik-Modul. Der Kollektor entzieht den Solarzellen die Wärme, womit sich die Stromausbeute deutlich erhöht. Die Wärme aus dem Kollektor dient mit dem erzeugten Solarstrom in Wärmepumpen für Heizung, Warmwasserbereitung oder Prozesswärme in der Industrie. Die PVT-Module können auch zur passiven und aktiven Kühlung von Gebäuden oder Lagerhäusern genutzt werden.
Durch die Wärmetauscher-Technologie steigt automatisch auch die Lebensdauer der Module, was sich positiv auf deren Wartungskosten und Nachhaltigkeit auswirkt. Nicht zuletzt wird durch die kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung weniger Dachfläche benötigt als bei einer vergleichbaren Lösung, was insbesondere in urbanen Gebieten und stark bebauten Industriebereichen von entscheidendem Vorteil sein wird. PVT-Module sind geradezu prädestiniert für Nahwärmesysteme in ländlichen und städtischen Regionen, bis hin zu Gewerbe und Industrie.
Viele Industrieprozesse benötigen Hochtemperaturen, teils jenseits von 1000 Grad Celsius. Bisher wird diese Hitze vor allem durch das Verbrennen von klimaschädlichem Erdgas erzeugt. Eine sofort verfügbare Alternative sind Hochtemperaturspeicher, wie beispielsweise die von Kraftblock.
Mit Überschussstrom aus Solar- und Windenergie kann Hitze erzeugt werden, die in den Hochtemperaturspeichern über Wochen gespeichert werden kann. Diese Speicher liefern Heißluft, Thermalöl, Dampf oder Wasser auf jedem Temperaturniveau zwischen 50 und 1300 Grad Celsius. Sobald die Industrieprozesse Hitze in diesen Formen benötigen, steht sie aus den Speichern zur Verfügung.
Mit diesen Hochtemperaturspeichern können viele Industrieanwendungen sofort mit besonders günstigem Strom aus überschüssigem Wind und Solarstrom emissionsfrei betrieben werden. Große PVT-Anlagen auf dem eigenen Betriebsgelände – in Verbindung mit Hochtemperaturspeichern – können große Mengen an Hochtemperatur für die Industrieprozesswärme liefern – unabhängig von Energieeinkäufen und großen Netzen für Erdgas, Wasserstoff und teuren Überlandstromleitungen.
Der Netzbetreiber 50 Hertz hat vor kurzem südlich von Leipzig die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage Europas offiziell eingeweiht. Der Energiepark Witznitz hat eine Leistung von 650 Megawatt und ist an das Übertragungsnetz von 50 Hertz angeschlossen. Erstmals speist ein Solarkraftwerk direkt auf der Höchstspannungsebene Strom ein und erstmals trägt eine solche Anlage rund um die Uhr – also auch bei Dunkelheit – zur Netzstabilität bei.
Die mit einer zusätzlichen Software ausgestatteten 3500 Wechselrichter des Photovoltaik-Parks liefern sogenannte Blindleistung, die die Systemführung von 50 Hertz bei Bedarf zur Spannungshaltung abrufen kann. Auch hier zeigt sich eine europäische Innovation in der Softwareentwicklung für Wechselrichter, die auch Netzsystemdienstleistungen bringen können.
Ein Vorschlag zur Wiederbelebung der europäischen Solarindustrie kommt vom European Solar Manufacturing Council (ESMC). Der Kern des Vorschlags ist, dass ein Label für heimische Produktion vergeben wird und sich die Photovoltaikanlagen-Investoren selbst verpflichten, einen wachsenden Anteil heimischer Solarproduktion in ihre Verkaufsportfolios aufzunehmen.
Das „DomesticProduction Portfolio“ (DPP) Programm ist eine freiwillige Initiative, die Abnehmerunternehmen ermutigt, mehr europäisch hergestellte PV-Module in ihre Verkaufsportfolios aufzunehmen. Dieses Label signalisiert ein Engagement für lokale Fertigung, Arbeitsplatzschaffung und wirtschaftliche Stärke. Das DPP soll nicht die gesetzgeberische Unterstützung ersetzen, sondern ergänzend wirken.
Das DPP untersucht auch Mechanismen wie Preishebelung, um den Preisunterschied zwischen europäischen und chinesischen Modulen abzumildern, sodass Endkunden, die europäische Module kaufen, nicht die volle Preisdifferenz tragen müssen. Ziel ist es, eine vollständige Wertschöpfungskette in Europa zu etablieren, beginnend mit einer 5%igen DPP-Verpflichtung im Jahr 2026, die auf 10 % im Jahr 2027 und bis 2030 auf 40 % des Marktes ansteigen soll.
Der Wiederaufbau der europäischen Solarindustrie bietet große Chancen für Europa, sich im globalen Wettlauf um saubere Energie zu behaupten. Schlüssel dazu sind Innovationen, gezielte Unterstützung durch Forschung und Entwicklung sowie die Schaffung einer wettbewerbsfähigen heimischen Wertschöpfungskette. Die Förderung von Innovationen ist dabei entscheidender als Zölle, Marktabschottung und Handelskriege, die am Ende auch dem Klimaschutz schaden.